(Dafür braucht’s keine #Werbung)
Am 17. Oktober war ich als einer von 8 Bierbloggern zu einem Besuch der Gesellschaft für Hopfenforschung e.V. und des Hopfenforschungszentrums in Hüll bei Wolnzach eingeladen.
Geschäftsführer Walter König, der auch Geschäftsführer im Bayerischen Brauerbund ist, stellte uns die Gesellschaft und ihre Arbeit im Dienst der Hopfen- und Brauwirtschaft vor.
Gleich vorweg: Hopfen ist ein höchst spannendes Thema, als Biergenießer, Heim- und Hobbybrauer wissen wir das. Es steckt aber auch jede Menge KnowHow und Forschung dahinter, damit Brauer ein Erzeugnis in die Hand bekommen, das ihr Bier zu dem macht, was es ist.
1926 wurde die Gesellschaft für Hopfenforschung e.V. gegründet, um den Hopfenpflanzern Unterstützung durch Wissensvermittlung zu geben bei Anbau und Verarbeitung des Hopfens. Auf alten Aufnahmen kann man versammelte Hopfenpflanzer auf dem Hof des damaligen Instituts, der heutigen Bush-Farm, sehen, wie sie Sonntags nach dem Kirchgang den Informationen der Hopfenforscher lauschen.
Was tut das Hopfenforschungsinstitut bis heute?
Erfolgreiche Hopfenforschung resultiert in Hüll aus der zielgerichteten Zusammenarbeit vom Freistaat Bayern mit der privaten Gesellschaft für Hopfenforschung e.V., getragen aus Mitteln des Freistaats und von den Mitgliedern der Gesellschaft, hauptsächlich Brauereien.
In Hüll werden alle Fragen rund um den Hopfen unabhängig von Firmeninteressen bearbeitet. Der Standort Hüll bietet durch die Lage mitten im Anbaugebiet Hallertau Vorteile durch direkten Kontakt zu den Hopfenpflanzern, Nähe zu den bedeutendsten Hopfenhandelshäusern der Welt mit deren Labors in der Umgebung und Nähe zu den brautechnologischen und agrarwissenschaftlichen Instituten der Technischen Universität München in Weihenstephan (Freising).
Arbeitsschwerpunkte sind
- Züchtung neuer Hopfensorten
Einer der bekanntesten Hopfen der letzten Jahre aus der Züchtung in Hüll ist der „Mandarina Bavaria“. Leider hat er sich – wohl wegen des Aromas im Namen – in der Brauerei bisher nicht so durchsetzen können, wie er es eigentlich verdient. Man hat wohl Angst, das Bier könnte nach Limonade schmecken. (Die Craftbrauer verwenden ihn allerdings schon ‘mal gerne, ich selbst seit Jahren sowohl in eigenen Suden als auch bei meinen Braukursen. Er begeistert meine Teilnehmer immer wieder). Neuestes Produkt auf dem Markt ist der Hopfen „Diamant“, ein Aromahopfen, der von der Mutter „Spalter“ stammt und mit höherer Pflanzengesundheit und höherer Ertragsleistung den so genannten „Saazer Formenkreis“ erweitert. Das Aromapotential ermöglicht je nach Menge und Zeitpunkt der Zugabe eine blumige Zitrusnote oder ein dezentes und angenehm mildes Hopfenaroma. Als Solist haben wir ihn in einem „wissenschaftlich gebrauten*“ Hellen (Lager) probiert.
Weitere bekannte Züchtungen der letzten Jahre sind Callista, Hallertauer Blanc (mit einem schönen trockenen Anflug von Weißwein-Aroma) und Ariana (Johannis- und Brombeeren in der Aromatik). Auch der „Zwerghopfen“ „Gimli“ stammt von hier. Gimli ist sowohl Zier- als auch Nutzpflanze.In Hüll wird einzig klassische Kreuzungszüchtung betrieben.
Man arbeitet hier eng mit Weihenstephan zusammen, wo sich der „Männerzuchtgarten“ befindet. Zwischen weiblichen Pflanzen (die für die Brauerei relevant sind) und den männlichen muss ein „Quarantäneabstand“ von mindestens 30 km liegen, damit es nicht zu „Fehlbefruchtungen“ und Zuchtfehlern kommt, wenn die Pollen vom Wind verweht werden.
*Wissenschaftlich gebraut: Gleicher Sud mit gleichen Voraussetzungen (Wasser, Malz, Verfahren), nur der Hopfen unterscheidet sich und kann so seine Eigenschaften im Bier optimal und unterscheidbar zeigen.
- Umweltgerechte und qualitätsorientierte Produktion
In einer Zeit, in der Nachhaltigkeit, Natur- und Umweltschutz immer größere Bedeutung gewinnen, wird hier an der Entwicklung neuer Anbautechniken und umweltschonender Produktionstechniken gearbeitet. Die Düngung und die Bewässerung werden optimiert, ebenso das „Stickstoffmanagement. Es werden optimale Trocknungs- und Konditionierungsverfahren entwickelt, um den Energieaufwand bei gleichbleibender Brauqualität zu vermindern. - Entwicklung von Strategien zur Kontrolle von Schadorganismen
Versuche zur optimierten Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, Prüfung von Pflanzenschutzmitteln, Optimierung der Spritztechnik (Verringerung der eingesetzten Mengen durch Vermeidung von „Streuverlusten“), Entwicklung alternativer Methoden zur Kontrolle von Schädlingen. - Analytik aller wichtigen Inhaltsstoffe des Hopfens
- Bitterstoffe
- Ätherische Öle
- Polyphenole
Was hier in den Laboren zu sehen war, beeindruckt allein schon durch die Laborgerätschaften, die hier zum Einsatz kommen. Hier wird der Hopfen bis in die molekulare Struktur erforscht.
- Umsetzung der Forschungsergebnisse in die Praxis des Hopfenanbaus durch Beratung der Pflanzer. In ökologischen Fragen berät der Leiter der Abteilung, Dr. Florian Weihrauch, deutschlandweit alle Bio-Hopfenpflanzer.
Eine der größten Herausforderungen für die Zukunft des Hopfenanbaus ist wohl der Klimawandel. Einige der heute verbreiteten Sorten werden dem wohl nicht gewachsen sein, so forscht man also an der Züchtung neuer, hitzeresistenterer Sorten. Auch die Optimierung der Düngung und Bewässerung spielt hier sicher eine Rolle. Der Schwerpunkt der Forschung liegt also auch eher hier und in der Nachhaltigkeit als nun “nur” den „Craftbiermarkt“ mit neuen Aromen zu versorgen. Dennoch hat man noch so einiges im Petto, mit dem man uns in den nächsten Jahren „überraschen“ kann. Seien wir gespannt!
Im Hopfenforschungszentrum Hüll stehen verschiedenste Einrichtungen zur Verfügung:
- Versuchsflächen für die Züchtung
Ganze Hopfengärten in der direkten und auch weiteren Umgebung dienen allein der Forsch8ung und Züchtung. - Modernste Labore
Wie schon beschrieben – durch modernste Analysemethoden ist eine gleichbleibend hohe Qualität sichergestellt. - 3 Gewächshäuser
Für Anzucht, Aufzucht (“Kindergarten”) und auch Selektion von Sämlingen neuer und verbesserter Sorten - Gebäude und Einrichtungen für den Versuchshopfenbau
Hier werden zum Beispiel auch Hopfensämlinge auf ihre Resistenz gegen Krankheiten getestet, z.B. den Echten Mehltau, Peronospera und vor allem der Verticilliumwelke, einem Bodenpilz, der zum Absterben ganzer Hopfengärten führen kann und dann eine aufwändige Bodensanierung nach sich zieht, bevor wieder Hopfen angebaut werden kann.
Bei dieser “Quarantänestation” fiel mir der Spruch wieder ‘mal ein: “Nur die Harten kommen in den Garten”.
Im Hopfenforschungszentrum fand am 17. Oktober auch die Bonitierung der Hopfenmuster für die 43. Deutsche Hopfenausstellung statt. Insgesamt 152 Muster von 16 verschiedenen Hopfensorten aus allen fünf deutschen Anbaugebieten wurden von der Fachjury aus Hopfenpflanzern, Hopfenhändlern, Brauern und Mitarbeitern des Hopfenforschungszentrums benotet. Dabei achtet die Jury weniger auf Schönheitsaspekte der Hopfendolden, sondern eher auf die inneren Werte, wie Anton Lutz, Züchter am Hopfenforschungszentrum, betont. Er lobt die Aromaqualität des 2019er Hopfens. Hier wurden von einigen eingereichten Mustern fast die Höchstwerte von 30 Punkten erreicht. Allerdings liegt der Alphasäurengehalt leicht unter dem Durchschnitt der letzten Jahre. Ursächlich dafür ist nach Angaben des Hopfenpflanzerverbands der trockene Frühsommer, besonders in den Monaten Juni und Juli.
Die Fachjury ermittelt in Hüll für jede Hopfensorte einen Sortensieger.
Die Ehrung der Deutschen Hopfen-Champions 2019 findet Mitte November auf der BrauBeviale in Nürnberg statt.
Vielen Dank an dieser Stelle auch an die Mitglieder der Fachjury, die unsere Fragen zur Bonitierung und den Kriterien gerne und ausführlich beantwortet haben und uns auch teilhaben ließen. Wir sind gespannt auf die Prämierung der Sieger in Nürnberg.
Bei einem kleinen Mittagbuffet durften wir auch noch Biere verkosten, die mit den neuesten Züchtungen aus Hüll gebraut wurden. Diamant habe ich schon erwähnt, dazu kommt eine Neuzüchtung, die gerade angemeldet wurde, und ein dunkles Bier, das von Eric Toft in Schönram mit dem Hopfen Ariana gebraut wurde. Dessen beerige Aromen fügen sich wunderbar in das röstige Bett aus dunklen Malzen ein.
Auch einen exklusiven Sondersud des Sulzberger BierHauses in Pfaffenhofen a.d. Ilm, durften wir probieren. Das Märzenbier ist allein mit „Diamant“ gehopft.
Abschließend möchte ich mich an dieser Stelle noch einmal bei der Gesellschaft für Hopfenforschung e.V., Herrn König und seinen MitarbeiterInnen und den Experten der Hopfenbonitierung für den aufschlussreichen Tag und die vielen Informationen bedanken. Wir sehen uns sicher in Nürnberg auf der BrauBeviale und auch bei anderer Gelegenheit wieder.
Unser Besuch in Facebook:
Die Möglichkeit des Austausches mit BloggerkollegInnen war in dieser Form ebenso einmalig, wir werden uns sicher bei anderen Gelegenheiten wieder treffen und weiter vernetzen. Es hat mir Freude gemacht, Bekannte wieder zu treffen und andere Kollegen neu kennenzulernen.
Quellen: Vielen Dank an die Gesellschaft für Hopfenforschung e.V., den Verband Deutscher Hopfenpflanzer e.V. und den Hopfenpflanzerverband Hallertau e.V. (ein Teil der Texte, der facebook-Beitrag und das Video.