Gleich vorweg: Ich find’s klasse!
(#Werbung* – ich muss halt Namen und Marken nennen, sonst macht’s keinen Sinn, und für dieses Buch mach’ ich die gerne)
Sünje Nicolaysen hat einen Bierguide geschrieben, der für sich in Anspruch nimmt, „ultimativ“ zu sein. Die Ankündigung hatte mich neugierig gemacht, und so habe ich das Buch gelesen. Zuerst hatte ich abends im Bett drin geschmökert und so die ersten Seiten geschafft. Vergangenen Sonntag nun habe ich mich nach dem Brunch hingesetzt, das Buch in die Hand genommen und es an einem Nachmittag bis zum Ende gelesen.
Das Buch wendet sich an Einsteiger in die Kunst des Biergenusses, bietet aber auch „alten Hasen“ wie mir Informationen, die ich bisher noch nirgends gelesen hatte. Die Autorin hat gründlich recherchiert, mit Leuten gesprochen, die echt Ahnung haben vom Bier und Brauen oder sich gleich von denen schulen lassen – hat sie doch ein zweitägiges Seminar für angehende „Beerkeeper“ mitgemacht, sich zeigen lassen, wie man Bier zu Hause mit den vorhandenen Gerätschaften braut und sogar „Bier-Yoga“ ausprobiert. (Letzteres sollte man glaube ich mit einem Augenzwinkern betrachten. Sünje Nicolaysen jedenfalls tut das.)
Sie schreibt selbst, dass sie Bier schon immer Longdrinks und Cocktails vorzog, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt halt – eben – Pils. Klar, als norddeutsche Deern …

Irgendwann kam der erste Griff zu einem Craftbier. Das schmeckte anders, überraschend, gut. Das nächste Mal ein anderer Bierstil, und wieder dieser Effekt.
Ich für mein Teil kann das nachempfinden, genau so kam ich auch dazu, und selbst jetzt überraschen mich die kreativen Brauer immer wieder mit neuen Bieren oder neuen Interpretationen traditioneller Biere.
“Der Ultimative Bierguide“ ist ein umfassendes Buch für jeden, der sich für Bier interessiert, sich damit beschäftigt und es vor allem gerne trinkt. Von der Geschichte des Bierbrauens über trockene Zahlen rund um Bier und Brauerei (die aber mit Humor und liebevollen Illustrationen präsentiert werden), einem Kapitel über den Brauprozess und fundierten, aber verständlichen Infos über die Zutaten bis hin zum richtigen Lagern, Einschenken oder Verkosten von Bier gibt uns Sünje Nicolaysen einen guten, verständlichen Einblick in ihr und unser Lieblingsgetränk.
Welche Aromen kann man schmecken und riechen (mit Tabelle!)? Welchen Einfluss hat das Brauwasser auf das Bier? Was passt bei Essen und Bier zusammen? Rezepte mit Bier (ich werde das Brot auf alle Fälle nachbacken!)… Was ist unter- oder obergärig und warum? Biergattungen bei uns und anderswo …
Auch die gesundheitlichen Aspekte von Bier und seinen Inhaltsstoffen vergisst sie nicht, auch nicht, dass Alkohol per se nicht die gesündeste Substanz ist. Auch diese Info gehört zu Bierkultur und ‑genuss.
Ergänzt werden die vielen übersichtlich und verständlich geschriebenen Informationen durch liebevolle, humorige und immer passende Illustrationen von Ole Schleefs. Am meisten amüsierte mich eine Hopfendolde, die wie in einem Comic hinten aus einer Hopfenzupfmaschine hüpft. Genau mein Humor. Das geht so durch das ganze Buch.

Als Anbieter von Kursen mit dem Thema „Bier brauen zu Hause“ hat mich persönlich auch der Beitrag über die erste Erfahrung mit Bier brauen in der eigenen Küche angesprochen, gleich mit einer detaillierten, verständlichen Anleitung. Ich kann mich an ein handgeschriebenes Rezeptbuch meiner Großmutter erinnern, in dem diese ein Bierrezept aufgeschrieben hatte – das hatte große Ähnlichkeit, und funktionierte in den 10-er Jahren des letzten Jahrhunderts auch schon so. Sünje Nicolaysen hat also für sich erfolgreich eine Tradition aufleben lassen, denn unsere Großeltern haben das tatsächlich vor hundert Jahren auch so gemacht.
Als Fazit kann ich sagen: Dieses Buch ist jedem zu empfehlen, der sich als Einsteiger und auch als Fortgeschrittener mit der Vielfalt, der Kultur und dem Genuss von Bier beschäftigen mag. Umfassend, informativ, dabei leicht und mit Vergnügen zu lesen erhält die/der Leser/in alle Informationen für einen fundierten Einstieg in alle Aspekte rund um das Kulturgetränk Bier.
Abschließend möchte ich hier noch die Antworten von Sünje Nicolaysen auf fünf Fragen zum Bier und ihrer Motivation zum Schreiben dieses Buches weitergeben.
1. Als Frau über Bier schreiben – wie kommt man auf die Idee?
Tatsächlich trinke ich schon immer gerne Bier, allerdings lange Zeit klassisch norddeutsch: Pils aus der Flasche. Als es vor ein paar Jahren plötzlich gefühlt an jeder Theke die neuen Biere, also Craft Beer, gab, wollte ich es nicht nur probieren sondern auch mehr darüber erfahren. Da ich für mich kein passendes Buch gefunden habe, dachte ich mir: „Schreib ich’s eben selbst!“. Es ist oft hilfreich, wenn jemand etwas erklärt, der es selbst (gerade) gelernt hat. Und so hab ich mich dann einfach an die Arbeit gemacht, einen Verlag gesucht und losgeschrieben.
2. Welche Erfahrungen und Einblicke hast du auf dem Weg zum fertigen Buch gewonnen?
Um fachlich auf der sicheren Seite zu sein, habe ich mir von Anfang an Unterstützung von verschiedenen Brauern, Bier-Sommeliers und Bier-Experten eingeholt. Die Hilfsbereitschaft war jedes Mal enorm, und ich hatte nie das Gefühl, dass man mich schief anguckt, weil ich mich als Außenstehende (und dann auch noch als Frau) an das Thema „Bier und Brauen“ traue.
3. Warum ist Bier die bessere Alternative zu Wein, Gin Tonic, Moscow Mule & Co?
Das darf man eine Bierbuch-Autorin natürlich nicht fragen, denn da hab ich unzählige gute Antworten drauf. Was ich am Bier aber schon immer gern mochte: Es ist ein sehr unkompliziertes, unaufgeregtes Getränk, das doch so vielseitig sein kann. Und wer sich als passionierter Weintrinker mal auf die neuen (bzw. uralten, wiederentdeckten) Bierstile einlässt, wird sicherlich überrascht sein, welche Aromen man entdeckt. Über 2000 Aromen stecken in Bier – das sind übrigens mehr als in Wein.
4. Welches ist dein Lieblingsbier?
Das werde ich oft gefragt, und ich finde es schwierig, mich da festzulegen. Für mich ist das abhängig von der Jahreszeit, meiner Stimmung und dem Anlass. Ich denke da eher in Bierstilen. Im Winter trinke ich zum Beispiel gern mal ein dunkles Bier, wie zum Beispiel ein Stout oder ein Schwarzbier, während ich im Sommer hellere Biere wie Pils, IPA und auch mal eine Gose trinke. Letzteres ist übrigens ein alter ostdeutscher Bierstil, der mit Salz und Koriander gebraut wird.
5. Wo geht der nächste Trend mit Blick auf Bier hin?
Die Hefe wird dem Hopfen zum Teil den Rang ablaufen und als Rohstoff eine immer wichtigere Rolle einnehmen. Das heißt, statt IPAs in allen möglichen Varianten zu brauen, experimentieren immer mehr Brauer mit der Aromen-Vielfalt neuer Hefesorten. Für alle Craft Beer-Skeptiker: Klassischen Bierstilen wie Pils oder Helles wird mehr Aufmerksamkeit geschenkt, sie werden mit modernen Hopfensorten oder regionalem Malz neu interpretiert. Auch immer wichtiger: alkoholfreie Biere! Und was mich sehr freut: Beer-Food-Pairing spielt eine immer größere Rolle. Ob nun Bier zu Käse, Schokolade oder zu einem Menü – aufgrund der großen Vielfalt lassen sich Biere wunderbar zu Speisen kombinieren. Vielleicht wird mir in Restaurants demnächst mal ein passender Bierstil zur Menüwahl empfohlen?
Sünje Nicolaysen studierte Germanistik und Skandinavistik und ist seit 13 Jahren als Redakteurin in verschiedenen Medienhäusern tätig, unter anderem beim Axel Springer Verlag und bei Gruner & Jahr. Sie ist Mitautorin des Kochbuchs Kiezküche – Refugees Welcome und ausgebildete Beerkeeperin.
Ole Schleefs Karriere begann in der Grundschule, als er in Schulbüchern, auf Tischen und anderen Dingen, die ihm nicht gehörten, zu zeichnen begann. Heutzutage arbeitet er am Computer für diverse Magazine, Zeitungen, Agenturen und Verlage. Zum richtigen Bierfan wurde er mit seinem ersten Weizen.
Quelle: Gute Leude Fabrik, Hamburg

Heyne, ISBN 978−3−453−60475−9, 16,99 € (D), 17,50 € (A), 23,90* (CHF), PB, Klappenbrosch., 176 Seiten
… überall, wo es Bücher gibt … auch im Buchladen in der Nachbarschaft – Buy Local.
Vielen Dank auch an dieser Stelle an Marius Mees von der Agentur Gute Leude Fabrik in Hamburg, der mich mit seiner Nachricht auf dieses Buch aufmerksam und neugierig gemacht hat.
Sünje, wenn du ‘mal in München bist, trinken wir ein Bier oder zwei zusammen und quatschen ‘mal … Das wird sicher lustig.