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Das Hopfen­jahr 2019

Am 13. November fand in Nürn­berg anläss­lich der Brau­Be­viale auch die Hopfen-Pres­se­kon­fe­renz statt. Einge­laden dazu hatten der Deut­sche Hopfen­wirt­schafts­ver­band e.V. und der Verband der Deut­schen Hopfen­pflanzer e.V. in Koope­ra­tion mit dem Baye­ri­schen Brau­er­bund e.V. sowie dem Verband Privater Braue­reien Bayern e.V.

Gemeinsam infor­mierten die Markt­partner aus den Berei­chen Hopfen­pro­duk­tion, -Vermark­tung und Brau­wirt­schaft über die mitt­ler­weile abge­schlos­sene Ernte 2019 und die nun anschlie­ßende welt­weite Vermark­tung. Hier einige State­ments in Auszügen. Das sind zwar recht “trockene” Infor­ma­tionen und Zahlen, aber für den einen oder anderen Leser doch interessant.

Bei weiter­ge­hendem Inter­esse empfehle ich die Webseite des jewei­ligen Verbandes (Links s.o.) und die Ange­bote, nach­fragen zu können.

Quelle: Deut­scher Hopfen­wirt­schafts­ver­band e.V.

Peter Hinter­meier, 1.Vorsitzender, Deut­scher Hopfen­wirt­schafts­ver­band e.V.:

Deutsch­land fährt nach dem heutigen Daten­stand trotz nicht idealer Witte­rungs­be­din­gungen eine Hopfen­ernte mit leicht über­durch­schnitt­li­chen Mengen­er­trägen ein. Aller­dings enttäu­schen erneut die Alpha­werte, die bei vielen Sorten unter dem lang­jäh­rigen Durch­schnitt liegen. […]

Die USA verzeichnen in diesem Jahr eine gute Ernte. Die Erträge bewegen sich sowohl bei den Aroma- als auch den Hochal­pha­sorten über dem lang­jäh­rigen Mittel. Die Alpha­ge­halte der meisten Hochal­pha­sorten enttäu­schen jedoch mit leicht unter­durch­schnitt­li­chen Werten. Die der meisten Aroma­sorten liegen eher im Durch­schnitt.

Aus den aktu­ellen Hoch­rech­nungen ergibt sich eine Welt­ernte von rund 127.500 t Hopfen. Das wäre die größte Ernte­menge seit 1993. Ausge­drückt in Alpha­säure ergäben sich rund 12.600 t. Das wäre ein neuer Rekord.

  • Versor­gungs­lage und Marktsituation

Dem Markt für Sorten des Saazer Formen­kreises wird aufgrund der durch­schnitt­li­chen bis guten Ernten in Tsche­chien, Polen, Tett­nang, Elbe-Saale und Spalt genü­gend Ware zur Verfü­gung stehen. […]

Wegen der anhal­tenden Über­ver­sor­gung erzielen euro­päi­sche Sorten für den Craft-Sektor wieder­holt die nied­rigsten Preise auf dem Frei­markt. Diese Sorten werden auch heuer zum Teil als Alpha­ware gekauft. […]

Bei fast allen anderen Aroma- und Hochal­pha­sorten ist der Markt infolge der wieder­holt enttäu­schenden Alpha­werte eng.

  • Hopfen­ver­mark­tung

Das Ernte­jahr 2019 ist in Europa das vierte schlechte Alpha­jahr der letzten fünf Ernten. […]

Es ist ersicht­lich, dass der Klima­wandel Erträge und Alpha­werte zuneh­mend negativ beein­flusst. Doch das ist nicht das einzige anstei­gende Risiko mit dem Hopfen­pro­duk­tion und ‑vermark­tung kalku­lieren müssen. Dazu kommen mehr und mehr gesetz­liche Einschrän­kungen in Pflan­zen­schutz und Düngung, die durchaus genauso das Poten­zial haben, sich negativ auf die Erträge auszu­wirken. Nicht zuletzt sehen wir uns mit der Infek­tion von Hopfen in der Hallertau durch das Citrus-Viroid konfron­tiert. Ohne geeig­nete Gegen­maß­nahmen kann diese auf längere Sicht ein gewisses Schad­po­ten­zial bergen. […]

Es ist unsere Aufgabe und unser Ziel, die Belie­fe­rung der Kunden aktuell und in der Zukunft sicher­zu­stellen. Voraus­set­zung dafür ist eine seriöse Mengen‑, Alpha- und Preis­kal­ku­la­tion. Das klingt sehr sach­lich und nüch­tern, ist aber für alle Vermarkter eine sehr anspruchs­volle Heraus­for­de­rung. Wir müssen mit mehr Unbe­kannten rechnen als in der Vergangenheit.

  • Zusam­men­fas­sung

Ausge­hend von den bisher vorlie­genden Ernte­er­geb­nissen und Hoch­rech­nungen wird die Alpha­bi­lanz für das Brau­jahr 2020 positiv ausfallen. Dennoch gibt es sorten­be­zo­gene Engpässe im Markt. Das trifft insbe­son­dere für die Sorten Tradi­tion und Perle zu. Inwie­weit sich die momen­tanen Markt- und Preis­ein­schät­zungen im Hoch­al­pha­be­reich bestä­tigen, werden die kommenden Monate zeigen. […]

Adolf Schapfl, Präsi­dent Verband Deut­scher Hopfen­pflanzer e.V.

  • Ernte­menge gut durch­schnitt­lich – Alpha­säu­re­werte durchschnittlich

Am 15.November endet die Hopfen­zer­ti­fi­zie­rung für die Ernte 2019. […] In Bezug auf die Alpha­säu­re­ge­halte gibt es bereits eine abschlie­ßende Beur­tei­lung durch die Arbeits­gruppe Hopfen­ana­lyse (AHA). Damit können wir heute anläss­lich der Brau­Be­viale ein fundiertes Fazit zur dies­jäh­rigen Hopfen­ernte in den deut­schen Anbau­ge­bieten ziehen. […]

Wie auch schon in den letzten Jahren zeigte sich, dass die neuen Spezial Aroma­sorten vom Hopfen­for­schungs­zen­trum in Hüll weitaus besser an ungüns­tige Witte­rungs­be­din­gungen ange­passt sind und auch lang­an­hal­tende Trocken­heits- und Hitze­pe­ri­oden besser über­stehen als ältere Hopfen­sorten. Aus diesem Grund wäre es für die Hopfen­pflanzer von großer Bedeu­tung, wenn die Brau­wirt­schaft die diese Sorten nicht nur zum Hopfen­stopfen, sondern auch im Sudhaus verwenden würde. Zahl­reiche Sudver­suche bestä­tigen jeden­falls das enorme Poten­tial der neuen Sorten auch in tradi­tio­nellen Bier­stilen.

  • Heraus­for­de­rungen für die Produktion

Der inter­na­tio­nale Hopfen­anbau mit rund 60.000 ha Anbau­fläche welt­weit, mit den Schwer­punkten in Deutsch­land und den USA steht als kleine Sonder­kultur derzeit vor enormen Heraus­for­de­rungen.

Vor allem der Klima­wandel und ständig anstei­gende Anfor­de­rungen beim Schutz der Umwelt­res­sourcen in der Gesetz­ge­bung sowie in der gesell­schaft­li­chen und poli­ti­schen Diskus­sion, zwingen uns über die Neuaus­rich­tung des Hopfen­an­baus für die Zukunft zu reden.

Schwer­punkte sind dabei u.a. die Einfüh­rung neuer Methoden zur effi­zi­en­teren Bewäs­se­rung und bedarfs­ge­rechten Düngung. […]

Ein weiteres, großes Thema ist die erfor­der­liche Neuaus­rich­tung der Schäd­lings- und Krank­heits­kon­trolle sowie eine Verstär­kung der Züch­tung und Forschung, um die oben genannten Ziele zu errei­chen. […]

Gemeinsam mit der baye­ri­schen, deut­schen und euro­päi­schen Brau­wirt­schaft werden wir als Hopfen­wirt­schaft daher auf Landes‑, Bundes- und insbe­son­dere auf EU-Ebene für die Umset­zung entspre­chender Lösungs­an­sätze werben.

So findet am kommenden Montag den 18. November 2019 der erste inter­na­tio­nale Global Hop Summit zu diesem Thema in der baye­ri­schen Vertre­tung in Brüssel unter dem Motto Bester Hopfen für bestes Bier statt.

Dabei geht es ausdrück­lich nicht um ein „weiter so“ sondern um eine umwelt- und ressour­cen­scho­nende Neuaus­rich­tung der Produk­tion, mit der unsere Hopfen­pflanzer auch in Zukunft noch ihre Betriebe erhalten und ihre Fami­lien ernähren können. […]

Herbert Meier, Geschäfts­führer Private Braue­reien Bayern e.V.

Die Zeichen stehen eindeutig auf Klima­wandel. Die Häufung von Tempe­ra­tur­re­korden in den vergan­genen Jahren ist höchst unge­wöhn­lich. 16 der 17 wärmsten Jahre über­haupt seit Beginn der Aufzeich­nungen traten nach dem Jahr 2000 auf, alle fünf wärmsten seit 2010. Mit den Folgen haben wir mitt­ler­weile sehr zu kämpfen. […] Die Gefahr von Ernte­aus­fällen oder Miss­ernten wird grösser. Aber auch das Auftreten von Schäd­lingen und Pflan­zen­krank­heiten verän­dert sich. Die Pflan­zen­züch­tung macht zwar Fort­schritte in der Züch­tung von Sorten mit ange­passten Resis­ten­zei­gen­schaften, benö­tigt jedoch hierfür viel Zeit. Land­wirt, Züchter, Handel und Brau­branche sind also ange­halten hier sehr eng zusam­men­zu­ar­beiten und neue Sorten kurz­fristig einzu­setzen, um den Züch­tungs­fort­schritt auszunützen.

  • Bier­ab­satz in Deutschland.

Statis­tisch erfasst ist der Zeit­raum von Januar bis einschließ­lich September 2019. Für diesen Zeit­raum ist der Bier­ab­satz im Vergleich zum Vorjah­res­zeit­raum um 2,0% auf insge­samt 71,2 Mio. hl gesunken. Für Bayern verzeichnen wir einen Absatz­ver­lust von 3,6%, also rund 740 Tsd. Hl.

Die Struktur der Brau­branche in Deutsch­land ist nach wie vor als positiv zu bezeichnen. Wir zählen zum Ende des Jahres 2018 bundes­weit 1.539 Brau­stätten; das sind 39 Betriebe mehr als im Vorjahr. Beson­ders dyna­misch entwi­ckeln sich die kleinsten Brau­stätten mit unter 1.000 hl Jahres­er­zeu­gung. Sie stellten im Jahr 2018 mit 853 Braue­reien über die Hälfte aller Brau­stätten in Deutsch­land.

90% der Braue­reien sind in der Größen­ord­nung bis 50.000 hl ange­sie­delt. Das doku­men­tiert eine starke mittel­stän­di­sche Ausprä­gung unserer Branche, denn diese Braue­reien sind regio­nale und inha­ber­ge­führte Unter­nehmen. Diese brauen ihre Biere hand­werk­lich in tradi­tio­neller Herstel­lung und mit Einsatz von hoch­wer­tigen Rohstoffen.

Der Craft Beer Trend zu Bieren mit einem echten Geschmacks­profil, zu einem Wieder­ent­de­cken alter Bier­sorten, zu neu inter­pre­tierten Bier­stilen, dieser Trend ist aus der inter­na­tio­nalen und auch natio­nalen Brau­szene nicht mehr wegzu­denken. Dieser Trend tut unserer Brau­branche, aber auch der Hopfen­branche, richtig gut. Die höchsten Zuwächse verzeich­neten jedoch zuletzt regio­nale und tradi­tio­nelle Bier­spe­zia­li­täten wie Keller‑, Land- und Zwickel­biere sowie das Helle. Weiter anstei­gend ist auch der Anteil alko­hol­freier Biere und alko­hol­freier Bier­misch­ge­tränke. Als entschei­dender Erfolgs­faktor ist hier die „drin­ka­bilty“ der Biere zu nennen.

Dipl.-Ing. Walter König, Geschäfts­führer Baye­ri­scher Brau­er­bund e.V.

  • Klima­wandel stellt Branche vor gemein­same Herausforderungen

 […] hat uns dieses Jahr wieder einmal sehr eindrück­lich vor Augen geführt, wie schnell sich auch die Rahmen­be­din­gungen für die Produk­tion unserer Bier­roh­stoffe verän­dern können. Bereits im vergan­genen Jahr haben wir extreme Trocken­heit und anhal­tende Hitze­wellen erlebt. Trotz eines nieder­schlags­rei­chen Winters konnten sich die Grund­was­ser­re­serven und die Boden­feuch­tig­keit in tieferen Boden­schichten nicht überall ausrei­chend erholen. Bereits Ende April meldete der Deut­sche Wetter­dienst erneut die Gefahr eines Dürre­som­mers. Dass es mit dem kühlen und eher nassen Mai und trotz neuer­li­cher Hitze­re­kord­werte im Juni doch noch anders kam, ist uns allen bewusst.

Nun ist der Klima­wandel für uns, die wir uns seit Jahren intensiv mit den unter freiem Himmel und unter verän­derten Witte­rungs­be­din­gungen wach­senden Bier­roh­stoffen Getreide und Hopfen beschäf­tigen, wirk­lich nichts Neues. Das Volks­be­gehren „Rettet die Bienen“, die welt­weite Bewe­gung „Fridays for Future“ und nicht zuletzt die Warnung von tausenden Klima­wis­sen­schaft­lern, die drama­ti­sche Auswir­kungen bei fort­schrei­tendem CO2 Ausstoß für die Mensch­heit beschreiben, haben es jedoch nun in kürzester Zeit geschafft, das Bewusst­sein für die Verän­de­rungen durch den Klima­wandel in der breiten Öffent­lich­keit zu wecken. […]

  • Hopfen­pflanzer, Hopfen­wirt­schaft und inter­na­tio­nale Brau­wirt­schaft im Schul­ter­schluss poli­tisch aktiv

Bereits nächste Woche werden wir zusammen auf euro­päi­scher Ebene bei den poli­tisch Verant­wort­li­chen auf diese Situa­tion aufmerksam machen. Im Schul­ter­schluss zwischen Hopfen- und Brau­wirt­schaft werden wir für längere Über­gangs­fristen bei der Umset­zung der drin­gend notwen­digen Maßnahmen werben. Es geht nicht darum, für die Zukunfts­si­che­rung des Hopfen­an­baus in Deutsch­land Sonder­ge­neh­mi­gungen auszu­han­deln, es geht um eine fundierte Neuaus­rich­tung des Hopfen­an­baus zum Erhalt der Liefer­si­cher­heit für diesen wert­vollen Bier­roh­stoff und zum Erhalt der erreichten, hohen Quali­täts­stan­dards für bestes Bier. […]

Ein paar Zahlen …

Seit 2014 steigt die Anbau­fläche welt­weit­kon­ti­nu­ier­lich an. Sie war noch nie größer als jetzt. Über70 % der Welt­an­bau­fläche für Hopfen befinden sich alleine in den USA und in Deutsch­land.

  • Hopfen­pro­duk­tion 2019 (Schät­zung!)
    Produk­ti­ons­an­teil   Produk­ti­ons­an­teil
Welt 127.500 t 100 % 12.600 tA* 100 %
USA 50.500 t 40 % 5.700 tA* 45 %
Deutsch­land 47.500 t 38 % 4.900 tA* 39 %

Die rest­li­chen Anteile teilen sich Tsche­chien, Polen, Slowe­nien sowie weitere Länder.
*tA: Tonnen Alphasäure

  • Welt­bier­aus­stoß

Seit dem Brau­jahr 2014 entwi­ckelt sich der Welt­bier­aus­stoß leicht rück­läufig. Ging er 2017 um 0,1 % gegen­über dem Vorjahr zurück und 2018 um 1,9 %, rechnet man für 2019 mit einem Zuwachs von 0,3 % gegen­über 2018.

Bier­aus­stoß Craftbier

  Ausstoß­menge 2018 Anteil am Gesamtausstoß
Welt (Schät­zung!) 60,6 Mio. HL 3,2 %
USA (Quelle: Brewers Association) 30,1 Mio. HL 13,2 %
Deutsch­land (Schät­zung!) 1,0 Mio. HL 1,1 %

Der Anteil der Craft-Biere nimmt in den USA, wenn auch verlang­samt, weiter zu. Der Craft-Anteil in Deutsch­land liegt weiterhin auf einem sehr nied­rigen Niveau.

Quelle: Deut­scher Hopfen­wirt­schafts­ver­band e.V.