Ja, sie ist längst fällig – die Nachlese zur BRAUKUNST LIVE! 2019. Ist die Veranstaltung doch schon ganze 4 Wochen her. (Dieser Beitrag ist – wie alles hier – Werbung. Ich nenne Namen und Produkte.)
Heuer war die BRAUKUNST LIVE! erstmals zwei statt drei Tage lang, und ich hatte zudem am Samstag einen Braukurs in einer Volkshochschule im Landkreis zu halten (der wohlgemerkt auch eine Menge Spaß gemacht hat), so dass ich mich auf den Freitag, 15. Februar, beschränken musste. Glücklicherweise darf ich als Bier-Schreiberling schon ein wenig früher mit der Presse hinein, so dass ich nicht gar in Stress geraten musste.
Ein zentraler Punkt seiner Begrüßungsrede war Frank-Michael Böers Verkauf der beiden Top-Veranstaltungen FINEST SPIRITS und BRAUKUNST LIVE! an den Fachverlag Meininger. Beide Messen stehen für eine Erfolgsgeschichte in ihrem Bereich: FINEST SPIRITS ist eine Messe für Premiumspirituosen mit internationalem Festivalcharakter, die stets Besucherrekorde aufweist. BRAUKUNST LIVE! startete 2012 als erste Messe für Craft Beer. Heute zählt das Event zu den größten seiner Art in Europa. Zuletzt hat der Meininger Verlag die ebenfalls jährlich in München stattfindende Weinmesse Forum Vini gekauft.
“Die beiden Festivals waren 15 Jahre lang mein Leben, aufgebaut mit tollen Mitarbeiterinnen, tollen Partnern und Subunternehmern, die über die Jahre – ebenso wie viele Aussteller – zu echten Freunden geworden sind”, so Frank-Michael Böer. “Mit dem Meininger Verlag bestehen, ebenfalls seit Jahren jede Menge professionelle Anknüpfungspunkte. Wir kennen und schätzen uns seit langem. Die Messen in bester Ordnung an ein Haus wie den Meininger Verlag zu übergeben, ist daher ein absoluter Gewinn für alle Beteiligten”.

Der thematische Schwerpunkt der diesjährigen BRAUKUNST LIVE! lag auf alkoholarmen und ‑freien Bieren, die aber dennoch mit Charakter und Aroma daherkommen. Bislang kannte man ja eigentlich nur zwei Extreme: etwas süß wie z.B. Clausthaler, dünn (ich nenne keine Namen …), oder heftig bitter wie das Jever Fun (lange mein alkoholfreier Favorit). Nun haben aber auf der BRAUKUNST LIVE! die kreativen und Craftbier-Brauer ihre Kreationen zum Thema vorgestellt. Mangels Zeit habe ich nur einen kleinen Teil all der feinen Biere probieren können. Aber es waren wieder einige echte Entdeckungen dabei.
Los ging es beim Presserundgang mit “ALOHA”, einer Kollaboration von Crew Republic und Barth-Haas Group, einem der größten Hopfenhandelshäuser der Welt.

ALOHA ist ein hopfengestopftes helles Weissbier und dann doch nicht in der Reihe der alkoholarmen Bier zu suchen (5% Alk.). Es ist fruchtig, spritzig, orangefarben mit den typischen Aromen von Weissbier plus den fruchtigen Noten des Hopfens Aloha. Es ist ein limitierter Sondersud, so dass ALOHA möglicherweise schon jetzt beim Schreiben des Beitrags vergriffen ist.
Einer der nächsten Kandidaten in der Vorstellungsrunde war “Servus Sissi” von Hopfmeister, ein Session IPA mit schlanken 3,5 % Alk. Dabei handelt es sich um ein kaltgehopftes, leichtes Helles, ideal für den ersten Durst im Sommer oder wenn man noch fahren muss. Gehopft wurde mit Aloha, Sissi* und Monroe. Das Bier ist goldfarben, leicht trüb und mit einer nicht wirklich großen Schaumkrone. Wir durften beim Rundgang den ersten und auch den zweiten Sud probieren. Die beiden unterscheiden sich deutlich voneinander.
Sud 1 ist feinperlig, fruchtig-hopfig mit süßlichen Aromen von Mandarine, mittel-vollmundig im Geschmack und schlank mit einer blumigen Hopfennote sowie den Mandarinenaromen, die sich schon im Duft bemerkbar machten. Sud 2 hat viel mehr Malz und Hefe im Körper, wodurch das Bier süffiger und erfrischender wird.
*Für “Servus Sissi” hat Marc Gallo von Hopfmeister die gesamte Ernte des noch neuen Hopfens “Sissi” aufgekauft – doch ganze 25 Kilo.
Für mich persönlich gab es dann noch einige Highlights mehr.
Dieses Jahr habe ich mir endlich einen “Dosenstern” gekauft. Susanne Kneidl aus Steinhöring recycelt – oder besser upcycelt seit Jahren Getränkedosen und macht daraus kleine Kunstwerke, die man sich als Brosche, Magnet oder sogar als Schachspiel nach Hause oder in die eigene Bar holen kann. Mein Dosenstern ist eine kleine Reminiszenz an meine Heimat – “Feldschlösschen” im schweizerischen Rheinfelden. Ich bin genau gegenüber auf der anderen Rheinseite zur Welt gekommen. Und ich mag die Marke und das Brauereischloss, obwohl sie dem dänischen Braukonzern Carlsberg gehört, den ich aus ethischen Gründen nicht wirklich mag. Mein Dosenstern bekommt einen Ehrenplatz in meiner sehr kleinen Brauerei, die gerade entsteht.

Das brau.nett von KÜHN KUNZ ROSEN aus Mainz ist ein Hybrid aus Wein- und Biermaische, die zusammen vergoren werden. Dabei entsteht ein ganz neues Getränk. Hellgolden, leicht trüb im Glas, duftet es zart nach grünen Äpfeln, Zitrus und Orange. Die feine Perlage und ganz dezente Säure machen es zu einem prickelnden Durstlöscher, aber ich kann mir brau.nett auch richtig gut als Begleiter zum Essen vorstellen.
Alkoholfreies Pale Ale – für mich als Hopfennase und IPA-Liebhaber eine Herausforderung. Andreas Marz und Matthias Pohl von INALE aus Inkofen brauen und verkaufen nicht nur Craft Bier, es ist für sie eine Lebenseinstellung. Sie haben die Craft Bier Bewegung von Anfang an miterlebt und kennen die Menschen, die diesen Weg vor vielen Jahren begonnen haben. Ihr 01 PALE ALE ist mit weniger als 0,5 % Alk. als “alkoholfrei” einzustufen (handelsüblicher Apfelsaft hat mehr). Mich überraschte es mit einer ordentlichen Hopfigkeit – Columbus, Amarillo, Simcoe und Citra tun das ihre, um den vollen Pale Ale Charakter zu prägen. Die gehören eh zu meinen eigenen Lieblingshopfen! Also wenn man ‘mal ein Pale Ale mehr trinken möchte, ohne über den sonst gewohnten höheren Alkoholgehalt nachdenken zu müssen, ist man hier an der richtigen Adresse. Mir hat es auf jeden Fall echt gut geschmeckt.

Schon “alte” Bekannte traf ich bei Hopfengarten Bamberg, die ich schon auf der Food&Life kennengelernt hatte. Dieses mal sollte es “HIMBO” sein, eine naturbelassene Brauspezialität der Bamberger. Handgezupfte Dolden des eigenen Cascade-Hopfens in der Kalthopfung erzielen Fruchtigkeit und Frische, und zusammen mit Himbeeren aus eigenem Anbau erreicht das alkoholhaltige Malzgetränk eine feine Süße. Der Hopfen und die Himbeeren ergänzen sich perfekt und so entstand ein ideales Sommergetränk, das mit 4,8 % Alk. auch nicht zu “schwer” ist.

Als “Beginn einer Freundschaft” würde ich meine nächste und letzte Begegnung des Tages bezeichnen. Hier ist “Rock’n’Roll” angesagt. Andreas und Roland von BREWHEART verbindet die Liebe zur amerikanischen Craft Beer Kultur. Ende des letzten Jahrtausends haben sie die damals bei uns noch unbekannten Stile auf vielen geschäftlichen Reisen im vorigen Job kennen und die exotischen Aromen, aber auch die Begeisterung und die Experimentierfreudigkeit der Menschen dahinter lieben gelernt.
Mich begeistern sie mit Bieren mit klingenden Namen: Ale Capone – das habe ich an dem Samstag auf der BRAUKUNST LIVE! genossen – Hop Dylan, Brews Lee und Dr. No (alkoholfrei). Ein gewisses Faible für “Kult-Kino” ist nicht zu übersehen. Ale Capone ist etwas für alle, die sich erst an neue Bierstile herantasten. Das obergärige Pale Ale überfordert niemand und ist es ein guter Einstieg ins Universum der neuen, kreativen Biere.
Das Ziel der beiden ist es, die bestehende deutsche Bierkultur aus traditionellen Stilen um handwerklich gebraute Pale Ales, India Pale Ales, Session Ales, Double IPAs, Imperial Stouts, Milk Stouts, Porters und Barley Wines zu bereichern. Mehr über die Biere von BREWHEART folgt in einen weiteren Beitrag über eine Veranstaltung, die ich vorgestern in München im Jüdischen Museum besuchen durfte.
