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Brau­kunst Live! 2018 – Meine High­lights 2

Wer erwartet in einer Craft­bier­ver­an­stal­tung eine Groß­brauerei? Klar, Hofbräu war als Premium-Partner der Veran­stal­tung da, aber auch kleine „Craft-Braue­reien“ wie Brau­factuM, Brauerei im Eiswerk und nicht zuletzt Craft­werk gehören größeren Braue­reien oder Braue­rei­gruppen an. Sie sind durch viel Enga­ge­ment von Enthu­si­asten teils aus den „Mutter­braue­reien“ entstanden und haben eigen­stän­dige Erschei­nungs­bilder und vor allem Biere entwi­ckelt. Meist brauen sie nicht einmal im Mutter­be­trieb. Über die Biere von Brau­factuM habe ich schon mehr als ein Mal berichtet. Ich habe am Stand von Craft­werk ein „Wet Hop Lager“, also ein „Grün­hop­fen­bier“ probiert. Hierbei wird der Hopfen ernte­frisch dem Bier zuge­geben und entfaltet so ganz andere Aromen als in getrock­netem Zustand oder gar als Pellets. Die „Harvest Edition 2017“ steht in einem leicht natur­trüben Gold­gelb im Glas. Noten von Zitrus, aber auch – und das war die Über­ra­schung für mich – frischem Gras steigen in die Nase. Nicht zu süß, dezent bitter, eben­falls mit Zitrus und frischem Gras geht es über Zunge und Gaumen, um mit mode­rater Bittere, grasig-würzig im Abgang daran zu erin­nern, dass es ein Lager ist. Das Mund­ge­fühl ist weich und samtig, die Perlig­keit dezent und sanft. Ein beson­deres Bier, und niemand, der es nicht sowieso weiß, käme auf die Idee, dass ein solches Bier aus der Bitburger Gruppe kommt. Jan Niewod­nicz­anski von Craft­werk betonte im Gespräch auch, dass man auf eigen­stän­diges Auftreten großen Wert lege.

Hopfenschmecker auf der Braukunst Live 2018

Am Stand der TUM/Weihenstephan hatte ich gerade den „Brau­pakt“ probiert, einen (leider limi­tierten) Gemein­schaftssud von Weihen­ste­phan und Sierra Nevada aus Kali­for­nien. Brau­pakt ist ein Weiß­bier, darin sind helles und dunkles Gers­ten­malz, Weizen­malz und Kara­mell­malz. Das gibt einen schönen malzigen „Körper“. Der Hopfen Haller­tauer Tradi­tion ist für eine Grund­bit­tere verant­wort­lich, während Amarillo und Chinook fruch­tiges mitbringen – Grape­fruit und Apri­kose, die sehr schön mit der Süße des Kara­mell­malzes harmo­nieren. Die Weiß­bier­hefe bringt den allseits übli­chen leichten Bana­nen­ge­schmack mit ins Bier. Ein Weiß­bier „zum sich daran gewöhnen“.

Hopfenschmecker auf der Braukunst Live 2018

Während meines Gesprächs hier am Stand mit Stefan Schlepp­horst, neben seinem  Brau­wesen-Studium Mitar­beiter der Bier­fach­hand­lung (stark unter­trieben!) „Bier­hand­werk in Frei­sing und Bier-Affi­ci­o­nado, kamen zwei junge Damen mit doch recht origi­nell farbigem Getränk im Glas vorbei. Auf die Frage, was das sei und wo es das gibt, kam die Antwort „Hibiskus-Bier, Moulin Brewge, zu haben bei Munich Brew Mafia und Vario­nica“ (Zagreb,Kroatien). Die beiden Braue­reien haben das gemeinsam entwi­ckelt und gebraut. Es macht seinem Namen Ehre: leicht säuer­li­ches Aroma von Hibiskus, aber auch Zitrus und Himbeere machen Durst auf mehr. Ich stelle mir das als erfri­schendes Bier an einem schönen Sommer­abend vor. Und es schmeckte den Damen offenbar auch sehr.

Hopfenschmecker auf der Braukunst Live 2018

Ich liebe belgi­sche Biere – Ales, Wit und Saisons. Grisette ist ein fein prickelndes Belgian Ale von Camba  Bavaria. Hoch­ver­goren und damit recht schlank und trocken und dank der verwen­deten Hopfen Nort­hern Brewer, Fuggles, Goldings, Blanc fein herb und frucht­aro­ma­tisch. Wie es sich für ein Ale gehört, ist Grisette aus hellen Malzen ober­gärig vergoren und hat nicht ganz so leichte 5,9% Alkohol. Auch dies ein wunder­bares Sommer­bier. Hat mir aber auch im Februar geschmeckt.

Hopfenschmecker auf der Braukunst Live 2018

Schon im Vorfeld war ich neugierig. Ich hatte vom Schiller Bräu aus dem Münchner Stadt­zen­trum gelesen. Zwei Frauen haben sich damit einen Traum erfüllt: Kris­tina und Ninja Höfler. Eine ganz tradi­tio­nelle Wirt­schaft, wie es sie früher gab, die den Nach­barn zweites Heim und Begeg­nungs­stätte sein mag, mit boden­stän­diger, bezahl­barer Küche und – eigenen Bieren. Vier davon haben sie ständig am Zapf­hahn: Helles, Dunkles, Weiß­bier und Scheps, ein leichtes Bier als limo­na­den­freie Alter­na­tive zur Radler. Und monat­lich kommen Sonder­sude hinzu. Alle Bier­sorten sind ganz tradi­tio­nell gebraut, aber mit einem „gewissen Etwas“, was den Leuten zusagt und auch mitten in München gerne getrunken wird. Ich habe das „Scheps“ probiert. Mit 7% Stamm­würze und 2,5% Alkohol wahr­lich leicht, schmeckt es aber dank ausge­prägtem Malz­körper und kräf­tiger Hopfung leicht herb, eben wie „rich­tiges Bier“. Kris­tina erzählte so begeis­tert vom Schil­ler­bräu, dem Team und den Gästen, dass ich sicher bin, dort mindes­tens ein Mal einzukehren.

Hopfenschmecker auf der Braukunst Live 2018

Aus der „näheren Umge­bung“ stammt der „Hopfenbua“ der Olchinger Brauma­nu­faktur. Kräf­tiger und doch fein gehopft, etwas süßlich in der Basis, ist es ein Genie­ßer­bier, das entdeckt werden möchte. Ich selbst muss die Brauerei mal entde­cken. Gerade wird eine Brau­stätte in Graßl­fing bezogen. Regel­mäßig gibt es dort Rampen­ver­kauf und Veran­stal­tungen, sicher einen Ausflug wert.

Wer kennt nicht die kleinen Flaschen mit dem „Feuer­wehr-Zwerg“ drauf – den Lösch­zwerg aus dem schwä­bi­schen Gesserts­hausen. Aus einer tradi­tio­nellen Brauerei erwachsen und mit dem Lösch­zwerg – mitt­ler­weile in sieben Sorten (7 Zwerge?) am Markt sehr erfolg­reich. Ich habe das „Würzige Keller­bier“ probiert. Zutaten und Brau­hand­werk wie früher: Die Bier­spe­zia­lität reift sechs Wochen bei Tempe­ra­turen um den Gefrier­punkt im Lager­keller. Unge­fil­tert, mit der Hefe wird es direkt vom Lager­tank in die Flasche gefüllt. Kleine Flasche, lecker Bier – das ist meine Meinung.

Hopfenschmecker auf der Braukunst Live 2018

Apropos Flasche: Der „Pull-Off“-Verschluss berei­tete meiner Frau gerne mal Verdruss. Nun weiß ich endlich Rat, wie auch sie die Flaschen aufbe­kommt: Erst nach außen ziehen, dann nach oben. So kommt man problemlos an das frische kühle Nass.

Aha-Effekt: Mitten­drin sah ich an einem Stand den „Bukanter“ – eine „Geruchs­lupe“, wie die Entwickler dieses Instru­ment nennen. Durch Einblasen von Luft in kleine Mengen von Bier werden Aromen frei­ge­setzt, die man so viel­leicht gar nicht wahr­ge­nommen hätte. Ich kann’s bestä­tigen – Andechser Dunkler Bock lässt sich „in Aromen zerlegen“, unter anderem hatte ich einen deut­lich wahr­nehm­baren Honig­duft in der Nase. Allein im Bier ist der so intensiv nicht fest­stellbar. Der Bukanter taugt nicht nur für Bier, sondern auch z.B. für Spiri­tuosen, Wein und Essige. Alles, was mit feinen Aromen den Genießer verwöhnt …

Dann kam noch der „Kugel­sta­chel“ zum Einsatz. Der Somme­lier schenkte wieder Andechser Dunklen Bock ein, dieses Mal in ein Glas. Dann kam der erhitzte Kugel­sta­chel zum Einsatz. Das Bier wurde damit leicht umge­rührt, schäumte dabei deut­lich auf und entwi­ckelte einen betö­renden Duft. Durch die Hitze kara­mel­li­siert der im Bier enthal­tene Rest­zu­cker und verän­dert dabei das Bier­aroma in ganz unge­wohnter Weise. Dunkles Bier ist auch ganz leicht ange­wärmt ein Genuss, wenn man es vorher so behan­delt hat. Ganz weich, süßer als sonst, ange­nehm samtig. Nicht für jeden Tag und jedes Bier, ist der Kugel­sta­chel ein origi­nelles Acces­soire für expe­ri­men­tier­freu­dige Bier­lieb­haber, die ihren Gästen einmal etwas anderes bieten möchten als das „übliche“, z.B. nach einem schönen Abendessen.

Hopfenschmecker auf der Braukunst Live 2018

Die Brau­kunst Live! 2018 stand im Zeichen tradi­tio­neller Bier­stile. Das war auch an der Auswahl der Biere und der Braue­reien deut­lich zu sehen. Aber neben neu inter­pre­tierten Tradi­tions-Bier­stilen waren durchaus wieder über­ra­schende Genüsse zu finden.

Ich für mich ziehe dank der verschie­denen, teils neu gewon­nenen Eindrücke, guten Gesprä­chen mit alten und neuen Bekannten und vielen Bier­lieb­ha­bern eine absolut posi­tive Bilanz. Ich freue mich schon jetzt auf die Brau­kunst Live! 2019.